Motto

Wer wagt es, sich den donnernden Zügen entgegen zu stellen?
Die kleinen Blümchen zwischen den Eisenbahnschwellen.
Erich Kästner

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Zusammenfassung und Bewertung der Schall- und erschütterungstechnischen Untersuchung vom 11.09.2009

von Thomas Werner-Neubauer


Planfeststellung ABS Leipzig-Dresden

Abschnitt Neucoswig – Radebeul-West
Bearbeitungsstand: 02.12.2009Eingangsdaten / rechtl. Grundlagen



Gegenüber der urspr. Planung ist jetzt folgende Lageänderungen geplant:
  • Erhöhung des Gleisniveaus um mehr als 0,5 m von km 12,96 – 13,06 DE (Dresden-Elsterwerda) – 100 m im Bereich der Brücke über die Neucoswiger Str. 
Bereits im PFV (Planfeststellungsverfahren) 1996 war eine Lageänderung um mehr als 1 m horizontal im Bereich 13,119 – 13,252 DE (Etwa auf Höhe der Schweizer Str.) vorgesehen.

Diese beiden Bereiche wurden jetzt zu einem durchgehenden Abschnitt von km 12,96 – 13,27 DE zusammengefasst, der die Kriterien des „erheblichen baulichen Eingriffs“, wie in der 16. BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung) definiert, erfüllt.

Nur für diesen Bereich als begrenzte Linienquelle wurden die Schallimmissionen an den umliegenden Grundstücken berechnet, die Emissionen der übrigen Abschnitte spielen keine Rolle, da hier kein „erheblicher baulicher Eingriff“ erfolgt.

Als Datengrundlage wurde auf die Streckenbelegungsprognose von 1996 für das Jahr 2010 zurückgegriffen. Üblich bei solchen Verfahren sind Prognosehorizonte von 10 bis 15 Jahren (vgl. Ausbau Königsbrücker Str. in Dresden: Zurückziehung des Antrags, da eine Verkehrsprognose für 2025 abgewartet wird).

Ergebnisse / weitere rechtl. Grundlagen
Nach der folgenden Berechnung der Schallimmissionen an den betroffenen Gebäuden/Grundstücken wurde geprüft, ob sich durch den baulichen Eingriff an den einzelnen Orten eine Lärmpegeländerung von mehr als 3 dB (Dezibel) ergibt (Nur dann besteht Anspruch auf Lärmschutz, ansonsten gilt Bestandsschutz für die Trasse).
Das ist an keinem der berechneten Immissionorte der Fall.

Sofern sich durch die Prognose jedoch ein Immissionspegel von mehr als 60 dB nachts (22-6 Uhr) ergibt und sich dieser durch die Baumaßnahme auch nur um 0,1 dB erhöht, besteht Anspruch auf Lärmschutz.
Dieses Kriterium trifft nach der Untersuchung auf 9 Wohnhäuser westlich der Trasse zu.

Daraufhin wird eine Lämschutzwand mit 3 m Höhe und 260 m Länge auf der Westseite des Dammes von km 12,85 – 13,11 DE (die Neucoswiger Str. liegt etwa bei km 13) vorgeschlagen.


Erschütterungen aus dem Schienenverkehr

Prognoseverfahren für Erschütterungen durch Schienenverkehr existieren offenbar nicht. Es wird daher die Durchführung von Beweissicherungsmessungen am Wohngebäude Lachenweg 2a vorgeschlagen (Vergleich vorher-nachher). Dieses Gebäude wird vorgeschlagen, da es sehr nah an der Trasse liegt und „zwei Hauptgeschosse und ein bewohnbares Dachgeschoss“ aufweist (In der Lärmprognose kommt es nur mit 2 Wohngeschossen vor !) und „da die stärksten Erschütterungen in der Regel im Dachgeschoss auftreten“.

„Sollte sich eine wesentliche Erhöhung der Erschütterungen ... ergeben, so wird im jeweiligen Einzelfall über entsprechende Abhilfemaßnahmen entschieden“


Festgestellte Mängel des Gutachtens - Schlussfolgerungen

  • Bei den Gebäuden Lachenweg 2a und Oststr. 1 wurde das bewohnte Dachgeschoss nicht berücksichtigt, was vsl. zu einer Erhöhung der Grundstücke mit Lärmschutzanspruch von 9 auf 11 führen dürfte und zudem Rückschlüsse auf die Qualität des Gutachtens zulässt, das an anderer Stelle (Seite 19 oben) das Gebäude Lachenweg 2a als exemplarisch für die Durchführung von Beweissicherungsmaßnahmen bzgl. Erschütterungen empfiehlt, mit der Begründung, dass dieses 2 Hauptgeschosse und ein bewohnbares Dachgeschoss aufweist. 
  • Die Schallimmissionen wurden exemplarisch für Grundstücke beiderseits der Strecke für den Null- und Planfall (ohne aktiven Lärmschutz) berechnet. Für die Realisierung der vorgeschlagenen Lärmschutzwand ausschließlich westlich der Trasse wurden aber nur die Immissionen an den westlich der Trasse gelegenen Gebäuden berechnet. Eine Berechnung der Immissionen östlich, insbes. am Krankenhaus, unter Berücksichtigung der Reflektionen der einseitigen Lärmschutzwand, fehlt.
  • Dies ist insbesondere deshalb bedeutsam, da am Krankenhaus Immissionen bis zu 66 dB im Nachtzeitraum (Grenzwert nach 16. BISchV 47 dB !) und eine Erhöhung der Immissionen im Vergleich Nullfall zu Planfall von –0,1 bis 0,0 dB berechnet wurden. D.h. bei einer auch nur geringfügigen Erhöhung der Immissionen hätte das Fachkrankenhaus Anspruch auf Lärmschutz.
  • Der Neubau des Krankenhauses wurde als Immissionsort offenbar nicht berücksichtigt, vermutlich, weil dessen Errichtung bei der Antragstellung zum PFV 2006 noch nicht beantragt war. Wenn nun aber eine Änderung der Planung erfolgt, die – im Gegensatz zu der bisherigen Planung - zu einen „erheblichen baulichen Eingriff“ führt, ist nach meiner Rechtsauffassung der Neubau als Bestand zu berücksichtigen.
  • Zu den Erschütterungen aus dem Schienenverkehr: Der Begriff „wesentliche Erhöhung“ ist nicht definiert. Ebensowenig ist klar, wer wann über Abhilfemaßnahmen entscheidet und in welchem Zeitraum diese Abhilfe zu erfolgen hat.
  • Bauzeitlicher Lärm und Erschütterungen: Das Gutachten beinhaltet dazu 6 Zeilen, in denen auf den Planfeststellungsbeschluss von 1999 verwiesen wird. Änderungen des Projekts werden nicht berücksichtigt, obwohl die jetzt geplante Abtragung und Neuaufschichtung des Dammes zwangsläufig zu deutlich über den bisher geplanten Umfang hinausgehenden Emissionen (auch Staub !) führen wird. Z.B. ist nach wie vor unklar an welcher konkreten Stelle die erforderliche Sieb- und Mischanlage betrieben werden soll. Da dieser Betrieb lt. Ausschreibung vsl. über mehr als 12 Monate erfolgen soll, wäre auch die Erfordernis einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu prüfen.
  • Kritik an dem Prognosehorizont sollte m.E. vorsichtig angewandt werden, da die Streckenbelegung in den letzten Jahren nach meiner Beobachtung eher rückläufig waren. Wenn eine neue Prognose geringer Zugzahlen vorhersieht, stünde evtl. auch der Anspruch auf Lärmschutz zur Disposition. Andererseits sieht die alte Prognose z.B. ICE-Züge überhaupt nicht vor.

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