Motto

Wer wagt es, sich den donnernden Zügen entgegen zu stellen?
Die kleinen Blümchen zwischen den Eisenbahnschwellen.
Erich Kästner

Freitag, 14. Oktober 2011

Mietminderung wegen Bahnlärms - zweiter Pressebericht

Quelle: Wochenkurier Meißen 

Mietminderungen wegen Bahnlärm?

Foto: Mietminderungen wegen Bahnlärm?
Die Betroffenen bei der ersten Demo in Coswig: Mehr als 2.400 Menschen haben eine Petition gegen den Bahnlärm unterzeichnet.                      Foto: Kube
11.10.2011

Coswig/Weinböhla. Der Bahnlärm in Coswig und der damit verbundene Unmut der Anrainer hat u.a. auch dafür gesorgt, dass der Mieterverein Meißen und Umgebung viele neue Mitglieder aus Coswig aufnehmen konnte. Zwischenzeitlich kursiert auch der Vordruck eines Mietminderungsschreibens. Doch wie aussichtsreich das?Meissen/Coswig. Für Eyk Schade, Vorsitzender des Mietervereins, ist die Sachlage klar. „Der Wohnkomfort und die Wohnqualität hat sich für viele Betroffene an der Bahntrasse wesentlich verschlechtert“, sagt er.
Denn maßgeblich entscheidend für eine Mietminderung ist die Ausgangssituation, in diesem Fall der Ist-Zustand zur Anmietung. „Verschlechtert sich beispielsweise das Wohnumfeld im Laufe der Zeit, so ist der Vermieter gefragt, die Missstände abzustellen, selbst wenn er nichts dafür kann“, so Schade weiter.   Ein Gutachten, etwa zu den Dezibelwerten, sei dazu nicht nötig. „Im akuten Beispiel gibt es schließlich genügend Zeugen“, meint Schade weiter.  Im Normalfall muss der Mieter dem Vermieter vor der Mietkürzung über seine Absicht informieren und ihm Gelegenheit geben, darauf zu reagieren. Ob es sich dabei um einen Privatvermieter oder eine Genossenschaft handelt sei unerheblich, auch wenn mancher argumentiert, dass es im eigenen Hause kein Mietminderungsrecht gäbe. In dem Mustervordruck, der an die Wohnungsgenossenschaft Coswig adressiert ist, ist von zehn Prozent Mietminderung die Rede. Nach Ansicht des Mietervereins dürfte das in manchen Fällen sogar noch mehr werden, abhängig vom Einzelfall.
Unterdessen wurde der Musterbrief wieder zurück gezogen. „Uns ist es lieber wir bekommen die Wohnungsgenossenschaft mit ins Boot als einen Streit vom Zaun zu brechen“, so Horst Heiden von Bürgerinitiative „Bahnemission - Elbtal“. Wie er weiter erklärte, habe es bereits erste konstruktive Gespräche gegeben, worin die Genossenschaft ihre Unterstützung zugesagt hätte. Mittlerweile haben mehr als 2.400 Betroffene zwischen Weinböhla und Radebeul eine Sammelpetition gegen den Bahnlärm unterzeichnet. Ziel sei es, den Bahnlärm wieder auf ein erträgliches Maß (höchstens 59 Dezibel) zu reduzieren. „Ob die Bahn das durch technologische Neuerungen, Tempolimit oder ähnliches erriecht, ist uns gleich. Wir wollen einfach wieder unsere Ruhe“, so Heiden. Dem Mieterverein haben unterdessen erste Mieter berichtet, dass sie mittlerweile ernsthaft über einen Auszug nachdenken.
           A. Schramm 

Mietminderungen wegen Bahnlärms - erster Pressebericht (SZ)

Für Nicht-SZ-Leser (Wir empfehlen ausdrücklich das Abonnement!)
Freitag, 14. Oktober 2011
(Sächsische Zeitung)

Erste Mietminderungen wegen Bahnlärms

Von Torsten Oelsner

Bis zu 20 Prozent weniger Kaltmiete sind möglich. Aber nicht alle Betroffenen dürfen reduzieren.

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Die Bewohner der Coswiger Neubaugebiete in Bahndammnähe sind verstärkt vom Bahnlärm betroffen. Jetzt haben die ersten Mietminderung angekündigt. Die Vermieter wollen mit der Bahn Kontakt aufnehmen. Foto: Kube
Coswig. Der Mieterverein Meißen hat derzeit gut zu tun. Die großen Umbaumaßnahmen besonders im Coswiger Wohngebiet Dresdner Straße hätten für einen starken Zuwachs an neuen Mitgliedern geführt, so die Führung des Mietervereins.

Jetzt mehren sich auch die Fälle, in denen Mieter die Miete wegen des unerträglichen Bahnlärms mindern. „Zwischen 15 und 20 Prozent der monatlichen Kaltmiete kann man wegen Lärm mindern“, so Irene Seifert. Die Coswiger Rechtsanwältin ist neben Eyk Schade zweite Vorsitzende des Mietervereines Meißen und Umgebung. Die Begründung der Minderung liefert der Paragraph 536 des Bürgerlichen Gesetzbuches, wonach das Einbehalten von Teilen des Mietzinses möglich ist, wenn es eine Änderung des vertragsgemäßen Zustandes gibt. Und das sei beim Thema Bahnlärm eindeutig der Fall. Der Mieter selbst müsse die Miete mindern, das aber seinem Vermieter mitteilen. Der wiederum könne sich nicht auf „höhere Gewalt“ oder mit der Bemerkung, es sei nicht seine Schuld herausreden. Die Änderung des „vertragsgemäßen Zustandes“ sei eine Sache an sich. Dem Vermieter bleibe nur, gegen diese Störung seiner Verträge vorzugehen. Diese Mietminderung gelte ausschließlich für Altverträge. Wer jetzt neu beispielsweise in einen der umgestalteten Blocks in Coswig einziehe, akzeptiere mit seinem neuen Mietvertrag auch den Lärm als Bestandteil oder muss binnen weniger Tage nach dem Einzug seine Minderung geltend machen.

Inzwischen kenne man aus Coswig einen Fall, bei dem die Wohnungsgenossenschaft Coswig die Minderung der Miete durch eine vom Baugeschehen betroffene Familie solange unbeachtet ließ, bis zwei Monatsmieten Verzug aufgelaufen waren. Daraufhin habe die Genossenschaft mit der fristlosen Kündigung reagiert, so Irene Seifert. Ähnliches könnte auch bei Minderungen wegen Lärm passieren, wobei die Gerichte dieselben Tabellen heranzögen, was die Höhe der Minderung anbelangt und die Leute juristisch nichts zu befürchten hätten. „Die Gerichte urteilen nur dann im Sinne des Vermieters, wenn die Miete in einem deutlichen Missverhältnis zum beanstandeten Mangel gemindert wurde, erklärt die Anwältin.

Musterbrief mit Adresse

Um den Bewohnern das Ganze leichter zu machen, hatte die neue Bürgerinitiative gegen den Bahnlärm einen Musterbrief auf ihre Homepage gestellt, den sie allerdings nach der diskreten Einflussnahme einer Aufsichtsrätin der Genossenschaft wieder vom Netz nahm. „Das war ein Fehler“, gibt Hort Heiden, einer der beiden Gründer offen zu. In dem Musterbrief habe sogar die Adresse der Wohnungsgenossenschaft Coswig gestanden. Das gehe natürlich nicht. Inzwischen war zu erfahren, dass die WGC eine eigene Klage gegen die Bahn anstrebe. Eine Bestätigung war dazu bei der Genossenschaftsführung gestern nicht zu bekommen. Betroffen ist aber auch die städtische Wohnbau- und Verwaltungsgesellschaft Coswig (WBV). Geschäftsführerin Pia Engel bereite gerade ein Schreiben an die Bahn vor, indem sie auf die Probleme der Mieter in diesem Bereich aufmerksam machen will.

„Sinnvoll wäre es, wenn wir unsere Aktivitäten bündeln würden“, sagt WBV-Aufsichtsratsvorsitzender Sven Böttger. Die WBV sei an dieser Stelle nämlich argumentativ etwas im Nachteil, weil sie gar nicht so viele Wohnungen habe, die unmittelbar an der Bahn gelegen seien. Die großen Genossenschaftsbauten schirmten die WBV-Häuser gewissermaßen gegen den gröbsten Lärm ab. Dennoch habe man nur im geschlossenen Auftreten aller Vermieter eine Chance, etwas zu ändern.

Montag, 10. Oktober 2011

Montags-Demo in Weinböhla (Bericht: Sächsische Zeitung)

Für Nicht-SZ-Leser (Wir empfehlen ausdrücklich das Abonnement!)
Dienstag, 11. Oktober 2011
(Sächsische Zeitung)

Weinböhla fordert leisere Züge

Von Torsten Oelsner

Die Einwohner sorgen sich um den Titel Erholungsort. Landrat Steinbach wurde zur gestrigen Demo vermisst.


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ennart Matzke war mit seinen Eltern und Hunderten weiteren Teilnehmern zur gestrigen Demonstration gegen Bahnlärm an den Bahnhof Weinböhla gekommen. Seine Botschaft ist eindeutig. Foto: Kube
Schon deutlich ausgedünnter was die Präsenz an Politprominenz betrifft, ging die zweite Lärmdemo der Bürgerinitiative gegen Bahnlärm über die Bühne. Diesmal hatten die Verantwortlichen nach Weinböhla an den alten Berliner Bahnhof eingeladen. Außer Martin Dulig, dem Fraktionschef der SPD im Sächsischen Landtag, war niemand da von der landespolitischen Ebene. Landrat Arndt Steinbach habe abgesagt mit den Worten, dass er mit der Bundespolitik in Verbindung stehe und sich weiterhin über die Vorhaben der Initiative informieren werde. „Damit können wir uns natürlich nicht zufrieden geben“, so Horst Heiden, einer der beiden Gründer der neuen BI.

Weinböhlas Bürgermeister Reinhart Franke (CDU) sprach aus, was die Bürger in dieser Situation hören wollen. Man stehe mit der Politik in Verbindung, unterstütze das Ansinnen der Bahnlärmgegner. „Aber wir sind auch für das Verursacherprinzip“, sagte Franke. „Wir werden keine Gelder für Kitas oder Schulen verwenden, um hier Lärmschutzmaßnahmen zu finanzieren“, betonte er.

Weinböhlas Titel futsch?

Die Herzen der Demonstranten erreichte jedoch Cornelia Fiedler, die neue Vorsitzende der Bürgerinitiative Weinböhla (BIW). Nach dem Verlust des Welterbetitels in Dresden durch den Bau einer Brücke, könne es sich Weinböhla nicht leisten, den Titel „Anerkannter Erholungsort“ einzubüßen. Aber wie könne sich ein Ort Erholungsort nennen, wenn sich nicht mal mehr die Einwohner selbst hier wohl fühlten. Der Titel dürfe nicht zur Mogelpackung verkommen. Man könne keine Gäste hier willkommen heißen bei diesen Zuständen. Und das beträfe nicht nur Weinböhla allein, sondern das ganze Elbtal, sagte Cornelia Fiedler unter dem donnernden Applaus der Anwesenden. Um den Titel zu erhalten, seien Parameter einzuhalten, die der Erholung förderlich sind. Doch die seien seit einem halben Jahr nicht mehr gegeben.

In diese Kerbe schlug auch der nächste Redner, Jens Kraßler, der als Intensivmediziner am Fachkrankenhaus Coswig arbeitet. „Als Narkosearzt habe ich genug Mittel in meinem Repertoire, um meine Patienten ruhig schlafen zu lassen“, sagte er. Aber das könne es nicht sein. Es sei medizinisch nachgewiesen, welche verhängnisvollen Schäden permanenter Lärm auf den Körper habe. In Coswig seien 80 Dezibel nachgewiesen worden. Bei 100 Dezibel, ein Wert, der ebenfalls schon bei Güterzügen in Coswig gemessen wurde, reagiere der Körper nach dem Prinzip „Alles oder nichts“. Der Dauerlärm wirke sich auf das Herz aus bis hin zu Depressionen. Auch eine emotionale Bemerkung wolle er sich erlauben, so der Mediziner. „Wenn mir Brüssel und damit die Europäische Union vorschreibt, welche Glühbirne ich in meine Lampe schraube, dann kann ich auch erwarten, dass die europäischen Richtlinien für Bahnlärm eingehalten werden. Und die besagen 65 Dezibel bei Tag und 45 Dezibel bei Nacht.“

Zum Abschluss zitierte BI-Gründer Horst Heiden aus einem Briefwechsel zwischen Thomas de Maizière und Bahnchef Rüdiger Grube, in dem der schreibt, in Coswig werde schon immer mit Tempo 120 gefahren. „Das ist eine glatte Lüge“, so Heiden unter dem Applaus der Teilnehmer.

Aufruf zur Mäßigung

Zur Diskussion mit einem einzigen interessierten Leser
Einer (!) von über 100 Lesern (vom Tag des Erscheinens an) macht (mittels Kommentarfunktion hier in diesem Blog) darauf aufmerksam, dass durch Mietminderung kein Dezibel Lärm abgebaut, jedoch den Vermietern Schaden zugefügt wird.
Das ist richtig.
Brueghel - Sieben Tugenden - Temperantia (Mäßigung)
/Quelle:Wikipedia
Noch größer wird der Schaden der Vermieter freilich, wenn die Mieter ausziehen - oder leer stehende Wohnungen keine neuen Bewohner finden - weil es anderweitig ruhigere Wohnlagen gibt. Dazu hat die Initiative, die den Musterbrief ursprünglich veröffentlicht hat, keine Anleitung gegeben. Das könnte ohne Zutun Dritter, sozusagen "ganz von selbst" geschehen. Zumal der demografische Wandel in Coswig schon jetzt sicht- und spürbar ist.
Der "Musterbrief" wird also nichts bringen. Deswegen ist die ursprüngliche Veröffentlichung (mit dem direkt auf einen konkreten Wohnungsbetrieb zugeschnittenen Inhalt) sicherlich auch zurückgezogen worden.
Die Diskussion hingegen ist "angeheizt" worden, was man tun kann gegen den Lärm. Immerhin das ist nützlich. Die heutige Demo um 18 Uhr in Weinböhla wird vielleicht zeigen, wie weit sie gediehen ist.

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Musterbrief zur Mietminderung

Maskottchen Deutscher Mieterbund

(Übernommen von XXXXXXXXXXXXXXXX einer Webseite - deren Inhaber sich neuerdings energisch davon distanziert - dort auch über viele Tage zum Download verfügbar)**

Im Zweifelsfalle berät auf jeden Fall fachgerecht und juristisch korrekt der Mieterverein Meißen und Umgebung e.V.!***

Musterbrief Mietminderung

Absender:
Name
Straße
0123 Musterstadt*
Musterstadt*, Muster-Datum*



Wohnungsunternehmen Musterstadt*
Musterstraße* 13 b
0123 Musterstadt*
Mängel in der Mietwohnung Musterstadt*, (Straße)
Sehr geehrte Wohnungsgenossenschaft Musterstadt*,
in meiner Wohnung treten seit einiger Zeit erhebliche Mängel auf:
Durch die Sanierung der Bahnanlage (Bahndamm Musterstadt*) tritt eine enorme Erhöhung des Bahnlärms auf. Dieser Lärm beträgt nach individuellen Messungen >80dB. Ein solcher Lärm ist gesundheitsschädlich und beeinträchtigt entscheidend die Wohnqualität.
Da durch die beschriebenen Mängel der Wohnwert der Wohnung herabgesetzt und die Gesundheit beeinträchtigt wird, werde ich ab sofort die vereinbarte monatliche Gesamtmiete bis zur endgültigen Mängelbeseitigung um 10 Prozent kürzen.
Ich werde, ab sofort bei der nächsten Mietzahlung die anteilige Mietminderung vornehmen.
Ich bin gern bereit, nach Terminabsprachen, wie und wann und mit welchen Mitteln Sie diesen Mängel beseitigen wollen*****. Sie können sich gern schriftlich oder telefonisch an mich wenden,
Tel.: ..............................
Mit freundlichen Grüßen

(Mieter)
____________________________________________
* Abweichend von der Vorlage einer (hier ebenfalls nicht mehr genannt sein wollenden) Bürgerinitiative - und auf Grund eines helfenden Hinweises vom Aufsichtsrat eines hier nicht genannten Wohnungsunternehmen (verbunden mit der Androhung von Rechtsmitteln) - haben wir hier die konkreten Angaben (Name, Anschrift etc.)  selbstverständlich gern (!) anonymisiert. Schließlich trifft das Problem des Bahnlärms viel mehr Musterstädter* entlang des Bahndammes, als nur die Mieter und Genossenschafter eines einzigen Wohnungsunternehmens.


** Die Bürgerinitiative, die hier nicht mehr verlinkt werden möchte (alle Links sind hiermit entfernt), legt (plötzlich und unerwartet) Wert darauf, dass in diesem Blog ohne ihre ausdrückliche Erlaubnis auch keine Inhalte von ihrer Homepage mehr erscheinen. Wir müssen daher leider auf einen Aufruf zur Demo kommenden Montag in Weinböhla verzichten und verweisen auf die Plakate in Musterstadt und Weinböhla.


*** Die ausdrückliche Erlaubnis, Namen und Anschrift des Mietervereins Meißen und Umgebung e.V. zu nennen, haben wir zwar auch nicht - wurden aber von diesem (als einzigem!) bis jetzt noch nicht aufgefordert, dies zu unterlassen. Darum tun wir es hiermit - bevor der lange Arm wohnungsunternehmerischer Rechtschaffenheit auch noch dort hinlangt und Ordnung**** schafft: 
01662 Meißen
Dresdner Straße 10
Telefon 0 35 21 / 45 36 2Telefax 0 35 21 / 45 3601info@mieterverein-meissen.de


**** "Ordnung" ist immer Ordnung der Herrschenden. (Nicht von Rosa Luxemburg.)
***** Auch dieses merkwürdige Deutsch ist unverfälscht von der Quelle übernommen. Das hat aber noch niemand bemängelt. Na ja, vielleicht können die Musterstädter das selbst "ins verständliche" umformulieren, insbesondere das "gern bereit" - ja wozu eigentlich?

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